Ein letztes Interview am Spitalbett

Geo Chavez verband eine besondere Wertschätzung zu Luigi Barzini, der zu den bekanntesten und auch einflussreichsten Sportjournalisten Italiens zählte. Der Bezwinger der Alpen, wie die Schlagzeilen titelten, hatte das Bedürfnis, dem befreundeten Journalisten mitzuteilen, was er bei seinem Alpenflug empfand. Greifen wir nachstehend – wenn auch nur gekürzt – in Barzinis Aufzeichnungen zurück.

Luigi Barzini: Lieber Herr Chavez, Sie änderten Ihre vorbestimmte Flugroute und überflogen die Furggu und nicht den Monscerapass. Warum?

«Während der Flug vom Startplatz aus über die Passlandschaft des Simplons ruhig verlief, wirkten auf der Südseite die vom Fletschhorn wehenden Winde, denen mein Blériot aber gut widerstand. Ich war tatsächlich fest entschlossen, den Landeplatz in Domodossola über den Monscera anzufliegen. Vor den steil abfallenden Wänden fühlte ich, dass ich dazu die nötige Höhe nicht gewinnen konnte. Da trieb es mich notgedrungen der Furggu zu. Diesen Durchgang habe ich zuvor als mögliche Alternative zum Monscera in Betracht gezogen.»

Luigi Barzini: Wie verlief nach der Überquerung der Furggu der weitere Flug?

«Auf der Höhe von Furggu, zwischen dem Seehorn und dem rechts liegenden Tschuggenmatthorn, öffnete sich zu meiner Linken das Zwischbergental. Am Seehorn vorbei bin ich in diese Talenge eingebogen. Völlig unerwartet geriet ich in den Sog der Wirbelwinde. Machtlos wie ein Spielball war ich diesen Böen ausgeliefert. Mal zog es mich aufwärts, dann ebenso gewaltsam wieder herunter. Von diesen Naturgewalten getrieben, machte ich Sprünge von 50 bis 60 Metern. Wenn ein Barometer meine Luftsprünge registriert hätte, könnte man meinen Zickzackkurs nachvollziehen. Glauben Sie mir, es war ein verbissener Kampf!»

Luigi Barzini: Sie waren der Gewalt der Winde ausgesetzt. Litten Sie unter Angstzuständen? Wie verlief der weitere Flug?

«Ich hatte wohl gegen die Naturgewalten anzukämpfen, hatte aber keine Angstzustände. Am Talausgang, unterhalb von Gondo, befand ich mich hoch über der Diveria und der Simplonstrasse bereits im Val Divedro und damit schon im italienischen Luftraum. Ich nahm wahr, dass meine Maschine gelitten hatte. Links von mir erkannte ich Varzo, am Dorf vorbei flog ich auf der linken Talseite weiter. Bald öffnete sich die ossolanische Ebene. Ständig sinkend flog ich gegen Domodossola zu. Da erblickte ich auf der grossen Wiese auch schon das weisse Kreuz, umsäumt von Menschen, der Landeplatz lag in Griffnähe …»

Soweit die Eindrücke, wie sie Barzini von Chavez zu hören bekam.